Die US-Präsidentschaftswahl könnte – geht man nach den Wahlkampf-Aussagen des zukünftigen Präsidenten Donald Trumps – weitreichende Auswirkungen auch für europäische Unternehmen haben. Denn zu den politischen Schwerpunkten des neuen Präsidenten soll danach zum einen die Rücknahme des von ihm als „katastrophal“ bezeichneten Atomabkommens mit dem Iran (JCPOA), zum anderen die Einführung von Zöllen auf ausländische Produkte zur Förderung der amerikanischen Wirtschaft zählen.
JCPOA
Mit Blick auf den JCPOA ist allerdings fraglich, ob eine einseitige Aufkündigung des Abkommens durch die USA völkerrechtlich zulässig wäre. Ungeachtet dessen stellt sich die Frage der tatsächlichen Auswirkungen eines solchen Vorgehens: Während nach Medienberichten von Seiten des Irans bereits verkündet wurde, den JCPOA im Falle einer Aufkündigung durch die USA ebenfalls nicht mehr einhalten zu wollen, wird verschiedentlich erwartet, dass das Interesse des Irans überwiegt, wegen der Handelbeziehungen zu der EU am JCPOA festzuhalten.
Während eine Nichteinhaltung des JCPOA durch den Iran zu einer Wiedereinführung der im Januar 2016 aufgehobenen EU-Sanktionen führen könnte (sogenannter snap back), hätte die Aufkündigung des JCPOA durch die USA allein keine unmittelbaren Auswirkungen für die EU. Sie und ihre Mitgliedstaaten (inklusive des an den Verhandlungen unmittelbar beteiligten Vereinigten Königreichs) wären weiterhin an die in dem Abkommen getroffenen Regelungen gebunden.
Allerdings könnten EU-Unternehmen aus dem folgenden Grund vor Schwierigkeiten gestellt werden: Bei Aufkündigung des JCPOA könnten die USA – durch neue Gesetze oder durch einfaches Unterlassen der alle drei bis sechs Monate erforderlichen Verlängerung der bestehenden Sanktionsaussetzungen durch den Präsidenten (sogenannte presidential waiver) – die bisher gelockerten Sanktionen wieder in Kraft setzen. Im Gegenzug ist nicht auszuschließen, dass die EU Maßnahmen trifft, um ihrer Auffassung nach völkerrechtswidrige Sanktionen zu unterbinden. Das könnte eine Ausweitung der sogenannten EU Blocking-Regulation dergestalt zur Folge haben, dass EU-Unternehmen verboten würde, die neuen US-Sanktionen zu befolgen. EU-Unternehmen könnten im Falle einer solchen Ausweitung in eine Situation geraten, in der sie sich entscheiden müssten: Folgen sie dem US-Recht und riskieren dadurch eine (bußgeldbewehrte) Verletzung von EU-Recht, oder agieren sie im Einklang mit EU-Recht, setzen sich aber dafür einer Strafverfolgung in den USA aus.
US-Schutzzölle auf ausländische Waren
Unwägbarkeiten für EU-Unternehmen ebenso wie für außerhalb der USA produzierende US-amerikanischer Unternehmen ergeben sich aber auch aus einem ganz anderen Grund: Sollte die Trump-Regierung Schutzzölle auf ausländische beziehungsweise im Ausland produzierte Waren einführen – wofür Trumps jüngste Ankündigung, als erste Amtshandlung das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP aufkündigen zu wollen, als Indiz gewertet werden kann –, könnte dies weitreichende Auswirkungen für die wirtschaftlichen Beziehungen insbesondere europäischer Unternehmen verschiedenster Wirtschaftszweige mit den USA haben. Denn erklärtes Ziel des gewählten US-Präsidenten ist es, US-amerikanische Unternehmen zu bevorzugen.
Erfolgt die Bevorzugung US-amerikanischer Unternehmen, wie befürchtet wird, (auch) durch eine WTO-rechtswidrige Erhöhung gebundener Zollsätze, stünde EU-Unternehmen und Industrieverbänden insoweit das Rechtsmittel der sogenannten Trade Barriers Regulation-Beschwerde an die EU-Kommission offen, die über den Weg des WTO-Streitbeilegungsverfahrens und bilateraler Gespräche mit den USA gegebenenfalls zu einer Beseitigung der Handelshemmnisse führen könnte. Das ist ein teils effektiver, jedenfalls aber langwieriger Prozess.
BLOMSTEIN wird die Entwicklungen in den USA weiterhin eingehend verfolgen und an dieser Stelle über alle wesentlichen Entwicklungen zu Sanktionen und anderen Handelsangelegenheiten informieren. Bei Fragen stehen Ihnen Dr. Roland Stein und Dr. Pascal Friton jederzeit gern zur Verfügung.