EUDR am Horizont
Lost in the woods? Das BMEL versucht den Weg zu weisen
Ab dem 30. Dezember 2024 werden die Vorschriften der EU- Verordnung zur Bekämpfung der Entwaldung (EUDR) auf große und mittlere Unternehmen Anwendung finden. Ab dann dürfen die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse – dazu gehören Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz – nur noch in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder exportiert werden, wenn sie entwaldungsfrei sind. Zudem müssen sie im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes produziert worden sein und es muss eine entsprechende Sorgfaltserklärung vorliegen.
Es gibt zunehmende Forderungen von betroffenen Erzeugerländern, einschließlich EU-Mitgliedsstaaten, den Start der Anwendung der EUDR zu verschieben. Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plädiert dafür, den Anwendungsbeginn zu verzögern. Grund dafür ist die Sorge, dass die Verordnung in ihrer aktuellen Form nicht effizient, praktikabel und bürokratiearm umgesetzt werden kann.
Um der deutschen Forstwirtschaft eine Orientierung zu bieten, hat das BMEL am 14. August 2024 eine Handreiche veröffentlicht. Diese soll dabei helfen, die Vorschriften der EUDR besser zu verstehen und die bestehenden Unsicherheiten zu beseitigen. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Punkte der BMEL-Handreiche für Sie zusammengefasst.
BMEL: Deutschland als Land mit geringem Risiko
Laut dem BMEL sollte Deutschland als Land mit geringem Risiko für Entwaldung angesehen werden. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Entscheidung nicht in der Verantwortung des BMEL liegt. Die Europäische Kommission ist für die Risikoeinstufung jedes Landes zuständig. Diese Risikoeinstufung ist von großer praktischer Bedeutung, da Produkte aus Ländern mit geringem Risiko weder einer umfassenden Risikobewertung noch Risikominderungsmaßnahmen unterliegen. Stattdessen muss das verantwortliche Unternehmen lediglich vereinfachte Sorgfaltspflichten erfüllen. D.h. es muss bestimmte Informationen sammeln, die fünf Jahre lang aufbewahrt werden und nur im Falle einer Prüfung den zuständigen Behörden vorgelegt werden müssen. Dazu gehören z.B. die Beschreibung des relevanten Erzeugnisses, die Menge und der Zeitraum der Erzeugung. Die meisten dieser Informationen finden sich bereits in der ohnehin abzugebenden Sorgfaltserklärung. Unternehmen sollten jedoch auch Dokumente wie Rechnungen bereithalten, die den Zeitraum der Holzernte belegen.
Auslösung der Sorgfaltspflichten: Präzisierung des Begriffs „In Verkehr bringen“
Die Verordnung legt verbindliche Sorgfaltspflichten für Marktteilnehmer und Händler fest. Marktteilnehmer sind verpflichtet, eine Sorgfaltserklärung abzugeben, die die Einhaltung der Rechtsvorschriften mit Blick auf die Ware bestätigt. Händler hingegen sind ebenfalls für die Einhaltung der Rechtsvorschriften bezüglich der von ihnen gehandelten Produkte verantwortlich, auch wenn sie sich auf eine zuvor in der Lieferkette erstellte Sorgfaltserklärung stützen. Der Unterschied zwischen beiden liegt darin, dass ein Marktteilnehmer das Produkt zum ersten Mal auf den EU-Markt bringt, während ein Händler das Produkt für den Vertrieb, den Konsum oder die Nutzung im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit (nicht zum ersten Mal) auf dem EU-Markt bereitstellt.
Aus Sicht des BMEL sind folgende Fälle nicht vom „in Verkehr bringen“ erfasst:
Holz wird auf einen Lagerplatz verbracht, ohne dass das Verfügungsrecht auf eine dritte Person übergeht (z. B. bei Submissionen, bei denen ein Käufer erst später gefunden wird).
Der nicht-gewerbsmäßige Eigenbedarf fällt ebenfalls nicht unter die Regelung.
Umfang der Sorgfaltserklärung und das EU-Informationssystem
Marktteilnehmer müssen ihre Sorgfaltserklärungen im EU-Informationssystem der Europäischen Kommission einreichen. Die Registrierung dafür soll ab dem 1. November 2024 möglich sein. Nach der Einreichung erhält der Marktteilnehmer eine Referenznummer und zwei Verifizierungsnummern. Die Referenznummer sowie die Verifizierungsnummer 1 sind lediglich der Nachweis, dass die Erklärung registriert wurde. Sie müssen an die Abnehmer weitergegeben werden, um die Einhaltung der EUDR entlang der Lieferkette sicherzustellen. Die Verifizierungsnummer 2 enthält die im Zuge der Abgabe der Sorgfaltserklärung in das System hochgeladenen zusätzlichen Informationen, einschließlich der Geolokalisierung. Diese Verifizierungsnummer 2 kann vom Marktteilnehmer freiwillig weitergegeben werden.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten zu beauftragen, der die Sorgfaltserklärung im Namen des Marktteilnehmers abgibt. Letzterer bleibt jedoch verantwortlich für die Einhaltung der Pflichten der EUDR. Bevollmächtigte können beispielsweise forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, Rundholzhändler oder Sägewerke sein. Nicht zulässig ist die Beauftragung einer natürlichen Person oder eines Kleinstunternehmens aus der nachgelagerten Lieferkette.
Ein weiterer Vorteil: Es können Holzmengen über einen bestimmten Zeitraum in einer Sorgfaltserklärung zusammengefasst werden. Bei der Angabe der Geolokalisierung ist es möglich, alle Waldgrundstücke eines Marktteilnehmers zu erfassen. Diese können entweder direkt auf einer digitalen Karte eingetragen oder als Datenpaket im vorgegebenen Format hochgeladen werden.
Forstliche Zusammenschlüsse als Bevollmächtigte
Forstliche Zusammenschlüsse können eine entscheidende Rolle bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten spielen. Sie können entweder als Bevollmächtigte für ihre Mitglieder auftreten oder selbst als Marktteilnehmer agieren. Tritt ein Zusammenschluss als Bevollmächtigter auf, bleibt die Verantwortung für die Einhaltung der EUDR bei den einzelnen Mitgliedern. Agiert der Zusammenschluss jedoch selbst als Marktteilnehmer, liegt die Verantwortung bei der Leitung des Zusammenschlusses, also dem Vorstand oder der Geschäftsstelle. In diesem Fall können auch Holzmengen der Mitglieder zusammengefasst und in einer einzigen Sorgfaltserklärung abgegeben werden.
Nationales Durchsetzungsgesetz
Das BMEL plant ein nationales Durchführungsgesetz, das die Zuständigkeiten und Aufgaben der zuständigen Behörden regeln wird. Diese Behörden werden für die nationale Durchführung der EUDR zuständig sein und sicherstellen, dass die Vorschriften eingehalten werden. Darüber hinaus wird das Gesetz Sanktionen für Verstöße gegen die EUDR festlegen.
Die EUDR bringt umfassende Verpflichtungen für Unternehmen mit sich, die mit den relevanten Rohstoffen oder deren Erzeugnissen handeln. Unternehmen sollten frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Anforderungen zu erfüllen. Im Ergebnis gibt die Handreiche des BMEL sicherlich einige hilfreiche Hinweise zur Anwendung der EUDR. Ob sie aber die bestehenden Unsicherheiten gänzlich beseitigen kann, ist fraglich. BLOMSTEIN verfolgt deshalb die Entwicklungen im Zusammenhang mit der EUDR weiterhin aufmerksam. Dr. Roland Stein, Bruno Galvão, Carolina Vidal und Sarah Beischau beantworten Ihnen gerne alle Fragen, die Sie zu den möglichen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen oder Ihre Branche haben.