Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) – Mandat, Zahlen und Fakten
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, abgekürzt OLAF nach der französischen Bezeichnung Office Européen de Lutte Anti-Fraude, ist ein Amt der Europäischen Kommission, das dem Kommissar für Steuern und Zollunion zugeordnet ist. Bei der Wahrnehmung seines Untersuchungsmandats handelt das OLAF jedoch völlig unabhängig. Es wird derzeit vom Generaldirektor Ville Itälä geleitet und ist in vier Direktionen untergliedert.
Organisation
Direktion A – Öffentliche Ausgaben – Untersuchungen und Verfahren
Die Direktion A befasst sich mit internen Untersuchungen, Untersuchungen und Verfahren zu direkten Ausgaben sowie solche zur geteilten Mittelverwaltung.
Direktion B – Eigenmittel und internationale Verfahren – Untersuchungen und Strategie
Von der Direktion B wird die Zoll-, Handel- und Tabakstrategie zur Betrugsbekämpfung ausgearbeitet. Darüber hinaus ist es für internationale und nationale Untersuchungen und Verfahren zu Gesundheit und Umwelt sowie Zoll und Handel zuständig.
Direktion C – Anti-Fraud Knowlegde Center
Direktion C befasst sich mit der Korruptionsbekämpfung, der Betrugsbekämpfungsstrategie und Analyse, Intelligenz und Verfahrensanalyse sowie mit der Digital Strategy und Kriminaltechnik.
Direktion D – Allgemeine Angelegenheiten
Direktion D ist für die Rechtssetzung und das Betrugsbekämpfungsprogramm, die Rechtsberatung, Finanzen und Compliance sowie für die Beschaffung und Sicherheit zuständig.
Mandat
OLAF kann in Fällen von Betrug, Korruption und sonstigen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU tätig werden. Dies betrifft sämtliche Ausgaben der EU, bestimmte Einnahmenbereiche, insbesondere Zölle, sowie Verdachtsmomente betreffend schwerwiegendes Fehlverhalten von Bediensteten und Mitgliedern der EU-Organe und Einrichtungen. Das Amt führt in diesem Zusammenhang unabhängige Untersuchungen, ggf. in Zusammenarbeit mit nationalen straf- und verwaltungsrechtlichen Untersuchungsbehörden und internationalen Stellen, durch, um sicherzustellen, dass die Beiträge der EU-Steuerzahler ungeschmälert zur Förderung des Wirtschaftswachstums in Europa verwendet werden. Dabei unterscheidet das OLAF zwischen internen und externen Untersuchungen.
Bei internen Untersuchungen handelt es sich um Untersuchungen innerhalb der Institutionen und Organe der EU zur Aufdeckung von Betrug, Korruption oder anderen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU, einschließlich schwerwiegender Verletzung von Dienstpflichten.
Externe Untersuchungen sind solche außerhalb der Einrichtungen und Organe der EU zur Aufdeckung von Betrug oder sonstigen Vergehen natürlicher oder juristischer Personen.
Nach Abschluss einer Untersuchung erteilt das OLAF den betroffenen EU-Institutionen und nationalen Regierungen Empfehlungen für rechtliche, finanzielle, disziplinäre und administrative Maßnahmen, deren Umsetzung im Nachgang vom OLAF überwacht wird. Letzteres dient dazu, die Wirkung der Tätigkeit des OLAF im Bereich der Betrugsbekämpfung bewerten und die vom OLAF angebotene Unterstützung an die Bedürfnisse der nationalen Behörden zu können.
Neben der eigenen Untersuchungstätigkeit koordiniert das OLAF umfangreiche gemeinsame Zollaktionen unter Beteiligung der EU und internationaler operativer Partner. Es handelt sich dabei um zielgerichtete Maßnahmen von begrenzter Dauer zur Bekämpfung von Betrug und Schmuggel sensibler Waren in bestimmen Risikogebieten und entlang bestimmter Handelswege. In 2018 hat das OLAF fünf gemeinsame Zollaktionen koordiniert. Eine davon war die Aktion „Hansa“, die auf die interne Beförderung illegaler verbrauchsteuerpflichtiger Waren (vor allem Zigaretten) ausgerichtet war. Die Aktion führte zur Beschlagnahme von 41 Millionen Zigaretten und 11,5 Tonnen Rohtabak.
Darüber hinaus nimmt das OLAF eine aktive Rolle bei der Weiterentwicklung der Betrugsbekämpfungspolitik ein und unterstützt bei der Erstellung und dem Aushandeln von Rechtsvorschriften zum Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug und Korruption.
Zahlen und Fakten
Das OLAF hat zwischen 2010 und 2018 über 1.900 Untersuchungen abgeschlossen und dabei die Wiedereinziehung von über 6,9 Milliarden Euro zugunsten des EU-Haushalts empfohlen. Darüber hinaus wurden mehr als 2.500 Empfehlungen für Maßnahmen seitens der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der EU ausgesprochen. Allein im Jahre 2018 hat das OLAF 219 neue Untersuchungen eingeleitet, 167 Untersuchungen abgeschlossen und 256 Empfehlungen erteilt. Letztere beinhalteten eine Wiedereinziehung von 376 Millionen Euro zugunsten des EU-Haushalts. Der Jahresbericht 2019 steht noch aus; es ist jedoch zu erwarten, dass die Anzahl der Untersuchungen in ähnlichem Bereich liegt.
Aufgrund von Empfehlungen des OLAF, justizielle Maßnahmen seitens der mitgliedstaatlichen Behörden betreffend, wurden zwischen 2012 und 2018 36 % aller Fälle zur Anklage gebracht (siehe Tabelle 1). Darüber hinaus wurden zwischen 2016 und 2018 bislang 21 disziplinarische Maßnahmen auf institutioneller Ebene der EU von den jeweiligen Anstellungsbehörden nach dahingehenden 46 Empfehlungen des OLAF getroffen (siehe Tabelle 2).
Tabelle 1: Von nationalen Justizbehörden der EU-Mitgliedstaaten getroffene Maßnahmen aufgrund von OLAF-Empfehlungen zwischen 2012 und 2018
Tabelle 2: Von den EU-Anstellungsbehörden getroffene disziplinarrechtliche Maßnahmen aufgrund von OLAF-Empfehlungen zwischen 2016 und 2018
Die Zahlen und Fakten belegen, dass das OLAF nicht nur auf EU-Ebene eine wesentliche Rolle bei der Betrugsbekämpfung spielt, sondern vielmehr auch erheblichen Einfluss auf die Strafverfolgung durch die zuständigen nationalen Behörden hat. Grenzüberschreitend agierende Unternehmen sollten sich dieser Rolle des OLAF bewusst sein. Droht Ihnen eine OLAF-Untersuchung oder sind Sie bereits Betroffener, ist es zudem unabdingbar, neben dem Ablauf einer externen Untersuchung auch eigene Rechtsschutzmöglichkeiten gegen OLAF-Untersuchungen zu kennen. BLOMSTEIN wird in den folgenden Wochen hierzu Client-Briefings veröffentlichen, die Betroffenen und grenzüberschreitend agierenden Unternehmen als erste Leitfäden zu dienen bestimmt sind.
BLOMSTEIN berät Sie zu allen Fragen rund um OLAF-Untersuchungen und Compliance. Dr. Roland M. Stein und Dr. Laura Louca stehen Ihnen hierfür jederzeit gern zur Verfügung.