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EU-UK Handels- und Kooperationsabkommen (TCA): Verkehr und Luftfahrt, Fischerei, Zusammenarbeit im Bereich soziale Sicherheit, Freizügigkeit, sonstige Kooperationen

Vier Jahre nach dem Brexit-Referendum haben sich die EU und das Vereinigte Königreich auf das EU-UK Trade and Cooperation Agreement (TCA), das das Brexit Withdrawal Agreement ergänzt, geeinigt. BLOMSTEIN präsentiert in einer mehrteiligen Serie die wichtigsten Inhalte des neuen Handelsabkommens. In Teil 1 haben wir die Implementierung und substantielle Änderungen im Verhältnis EU-UK betrachtet. Teil 2 fokussierte sich auf den in der Praxis so relevanten Güter- und Warenverkehr. Teil 3 betrachtete eine Vielzahl von Bereichen von Dienstleistungen über digitalen Handel, Energie und das „Level-Playing Field“. Teil 4 analysiert nun u.a. Verkehr und Luftfahrt, Fischerei, Zusammenarbeit im Bereich soziale Sicherheit und die Freizügigkeit.

Verkehr und Luftfahrt

Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs und den Ablauf der Übergangsphase profitieren britische Bürger und Unternehmen nicht mehr von der Personenfreizügigkeit und der Warenverkehrsfreiheit. Transportunternehmen, unabhängig ob sie zu Land, zu Wasser oder in der Luft grenzüberschreitend tätig werden, werden in der Folge sowohl die europäischen als auch die britischen regulatorischen Anforderungen und Zertifizierungsnormen erfüllen müssen. Durch das Erfordernis von Zollkontrollen an Grenzübergängen wird es teilweise zu längeren Wartezeiten und einem erhöhten Maß an Bürokratie kommen.

Im Bereich der Luftfahrt endet am 1. Januar 2021 die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA). Zudem profitieren britische Fluggesellschaften ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vom liberalisierten und einheitlichen Luftverkehrsmarkt der EU. Das neue Kooperationsabkommen ermöglicht britischen Airlines zwar das Überfliegen des europäischen Luftraumes sowie die Durchführung von Flügen aus dem Vereinigten Königreich in die EU oder umgekehrt (Art. AIRTRN.3 Nr. 1 EU-UK-FTA-E). Vorerst ausgeschlossen ist aber die Durchführung von Flügen zwischen zwei Flughäfen in der EU sowie – bei Beförderungsbeginn im Vereinigten Königreich – die Weiterbeförderung aus einem Mitgliedsstaat der EU in einen anderen Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat (bspw. London-Rom-Athen oder Manchester-Warschau-Moskau). Die Mitgliedstaaten der EU können bezüglich All-Cargo-Flügen indes bilaterale Vereinbarungen mit dem Vereinigten Königreich treffen (Art. AIRTRN.3 Nr. 4 EU-UK-FTA-E).

Fischerei

Überschrift 5 des TCA setzt sich mit der insbesondere in den letzten Wochen der Verhandlungen höchst umstrittenen Frage des Fischfangs in Gewässern der EU sowie des Vereinigten Königreiches auseinander. Am 1. Januar 2021 schied das Vereinigte Königreich aus der Gemeinsamen Fischereipolitik („Common Fisheries Policy“) aus. Im Falle eines „No-Deal-Brexit“ hätten sowohl europäische als auch britische Fischer weitestgehend auf Fischfang in den Gewässern des jeweils anderen Vertragspartners verzichten müssen, was eine erhebliche Einschränkung für bestimmte Fischerei-Gemeinschaften bedeutet hätte.

Die Verhandlungspartner haben sich auf eine 5,5-jährige Übergangsphase geeinigt, in denen die bisherigen Regelungen zum gegenseitigen Zugang auf die Gewässer des jeweils anderen Vertragspartners beibehalten werden (Annex FISH.4: Protocol on Access to Waters, Art. 1 EU-UK-FTA-E). Die genauen Fischfang-Quoten („Total All-wable Catch“ – TAC) werden dabei graduell an die veränderten Gegebenheiten angepasst (Annex FISH.1; EU-UK-FTA-E). Im Anschluss werden die Fischfangquoten in jährlich durchzuführenden Konsultationen festgelegt (Art. FISH.6 EU-UK-FTA-E).

Zusammenarbeit im Bereich der sozialen Sicherheit

Das Abkommen trifft Vereinbarungen über die Koordination von Instrumenten der sozialen Sicherheit. So werden beispielsweise die im jeweils anderen Vertragspartner verbrachten Berufsjahre bei Leistungen der Arbeitslosenversicherung, bei Rentenansprüchen oder bei einer Invalidenrente mitberücksichtigt (Protocol on Social Security Coordination, EU-UK-FTA-E). Zudem müssen EU-Bürger bei kurzfristigen Aufenthalten im Vereinigten Königreich (Studium, Tourismus) keine gesonderte Krankenversicherung abschließen. Selbiges gilt für Personen, die über ihre Pensionsansprüche versichert sind, aber auf dem Gebiet des jeweils anderen Vertragspartners leben (bspw. Britische „Expats“ in Südspanien) (Art. SSC.15 ff., Protocol on Social Security Coordination, EU-UK-FTA-E).

Freizügigkeit

Zum 1. Januar 2021 endete die Freizügigkeit der britischen Bürger in der EU und umgekehrt. Grundsätzlich enthält das neue Kooperationsabkommen nur begrenzt gesonderte Reiseerleichterungen. Für Kurzaufenthalte (bis zu 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen) hatte die Europäische Union – und wenig später auch das Vereinigte Königreich – bereits die visa-freie Einreise von UK-Bürgern beschlossen (nunmehr geregelt in Art. VSTV.1 EU-UK-FTA-E). Diese Reiseerleichterungen unterliegen jedoch der Voraussetzung der Reziprozität, sodass bei einer Einschränkung der Visafreiheit auch nur eines europäischen Mitgliedsstaates automatisch der Prozess der Aussetzung in Bezug auf britische Bürger in Gang gesetzt wird. Für längerfristige Aufenthalte gelten in der EU und im Vereinigten Königreich mangels gesonderter Vereinbarungen nunmehr die allgemeinen Regelungen für Drittstaatler.

Sonstige Kooperationen

Das Abkommen enthält einen umfangreichen Teil 3 zur Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in Strafsachen. Hervorzuheben ist hierbei die Intention der engen Zusammenarbeit trotz des Austritts, aber auch die – von der EU geforderte – explizite Bezugnahme auf Menschenrechte und insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention und den EGMR (Art. LAW.GEN.3; Art. COMPROV.4 EU-UK-FTA-E).

Die Vertragspartner verpflichten sich darüber hinaus zur thematischen Kooperation in den Bereichen des Gesundheits- und Pandemieschutzes (Part Four, Title I, EU-UK-FTA-E) und der Cyber- und Informationssicherheit (Part Four, Title II, EU-UK-FTA-E). Zusätzlich wird dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten EU-Programmen zu partizipieren, soweit hierfür finanzielle Gegenleistungen erbracht werden (Part Five, EU-UK-FTA-E). Weithin bekannt ist in diesem Kontext die Entscheidung des Vereinigten Königreichs, an dem europäischen Erasmus+-Programm nicht weiter teilzunehmen. Darüber berichtete sogar die US-amerikanische Presse.

BLOMSTEIN verfolgt die außenwirtschaftsrechtlichen Auswirkungen des neuen Freihandelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich und deren Auswirkungen auf Unternehmen. Dr. Roland M. Stein und Dr. Leonard von Rummel stehen Ihnen hierfür jederzeit gern zur Verfügung.