Sicherheit & Verteidigung im Wahlkampf
Key-Takeaways für die Verteidigungsindustrie
Am 23. Februar 2025 stehen in Deutschland Neuwahlen an. Vor dem Hintergrund der multiplen internationalen Herausforderungen ist ein wesentliches Thema auch die nationale Sicherheit und Verteidigung. Dieses Briefing gibt einen Überblick über die Inhalte der Wahlprogramme der wichtigsten Parteien zu den Themen Bundeswehr, der Finanzierung derselben und zur Verteidigungsindustrie.
Die Auswahl beschränkt sich auf die Parteien, die nach jetzigem Stand sicher im Bundestag vertreten sein werden. Das sind in alphabetischer Reihenfolge: Alternative für Deutschland (AfD), Bündnis 90/Die Grünen (die Grünen), CDU/CSU (Union) und SPD.
Die Bundeswehr
Die Ansicht des Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), dessen Teilnahme am 21. Deutschen Bundestag noch unsicher ist, die „Erzählung von der „kaputtgesparten“ Bundeswehr [sei] ein Mythos“ (S. 6), teilen die anderen Parteien übereinstimmend nicht. Sie befürworten vielmehr eine Modernisierung und bessere finanzielle Ausstattung der Bundeswehr, die nach ihrer Überzeugung für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands unerlässlich ist.
Ein tieferer Blick in die Wahlprogramme macht deutlich, dass die Union und die AfD sich inhaltlich am ausführlichsten mit der Zukunft der Bundeswehr auseinandersetzen. Beide machen sich für den Aufbau von Cyberfähigkeiten stark, wobei die Union insbesondere die Errichtung einer Drohnenarmee inklusive der dafür notwenigen Produktionskapazitäten befürwortet. Obwohl die ehemalige Ampelkoalition in ihrer Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie Investitionen in mehr Cybersicherheit angekündigt hat, findet sich in den Wahlprogrammen der jeweiligen Parteien dazu nichts. Viel Auslegungsspielraum bietet die Aussage der Grünen, dass sie die „die Entwicklung und den Einsatz von letalen vollautonomen Waffensystemen, die gänzlich ohne menschliche Kontrolle über Leben und Tod entscheiden“ (S. 153) ausdrücklich ablehnen. Die SPD verhält sich zu diesem Aspekt der Ausrüstung der Bundeswehr nur sehr vage.
Die Grünen und die SPD setzen zudem auf die Einführung eines freiwilligen Wehrdiensts, während die Union sich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr stark macht, das mit einer Wehrpflicht zusammengedacht werden soll (gesprochen wird von einer „aufwachsenden Wehrpflicht“). Weiter geht die AfD, die die Wiedereinführung der Wehrpflicht und des Ersatzdiensts fordert. Die Grünen und die Union fordern zudem die Stärkung des Zivil- und Heimatschutzes sowie den Ausbau der Reserve.
Finanzierung
Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist seit Langem in aller Munde und angesichts der neuen Sicherheitslage sowie des Drucks aus Washington und von NATO-Generalsekretär Rutte vielleicht sogar schon überholt. Dennoch gehen die Parteien in ihren Wahlprogrammen auf diesen Umstand kaum ein. Das Wahlprogramm der AfD verhält sich nicht konkret zum Zwei-Prozent-Ziel. Die Grünen, Union und SPD sind sich (immerhin) darin einig, dass Zwei-Prozent-Ziel aufrechtzuerhalten und es dauerhaft sogar auszubauen. Nur die Grünen äußern sich dabei zur Frage der Finanzierung: „Dieser wird nicht allein aus laufenden Einnahmen finanzierbar sein, sondern wird mittelfristig auch über eine höhere Kreditaufnahme finanziert werden müssen“ (S. 152).
Die Verteidigungsindustrie
Hinsichtlich der Verteidigungsindustrie sind sich SPD, Grüne und die Union einig, dass eine „eigenständige und leistungsfähige Verteidigungsindustrie […] von strategischer Bedeutung für die europäische Souveränität“ (CDU, S. 51) ist. Dabei betonen die Parteien die Zusammenarbeit innerhalb der EU. Im Detail zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede. So will die Union beispielsweise das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abschaffen und das Beschaffungswesen neu aufstellen, indem Prozesse gestrafft werden und „eine neue schlanke, schlagkräftige Agentur“ (S. 51) gegründet wird. Die Grünen möchten hingegen eine „humanitäre und präventive Rüstungskontrolle“ (S. 153) einführen. Der Forderung nach einem Ausbau der Verteidigungsindustrie, insbesondere unabhängig von China und den USA, schließt sich die AfD an, wobei sie jedoch eine „Vergemeinschaftung“ (S.86) in der EU ablehnt und den Ausbau der wehrtechnischen Industrie nur in Deutschland fordert.
Ausblick
Sorge bereiten die Aussagen der Parteien zum Aufwuchs der Finanzierung der Streitkräfte. Auch im Übrigen klingen die Aussagen mehr nach „weiter so“ als „Aufbruch“. Es bleibt zu hoffen, dass dies Wahlkampftaktik ist und die notwendigen Schritte in der neuen Legislaturperiode (trotzdem) entschlossen getan werden.
BLOMSTEIN behält die Entwicklungen nach der Wahl genau im Blick und unterstützt Sie und Ihr Unternehmen mit der Fokusgruppe Verteidigung und Sicherheit jederzeit gern bei der Navigation durch das regulatorische Dickicht. Bei Fragen beraten Sie Dr. Roland Stein, Dr. Christopher Wolters und Hanna Sophie Kurtz jederzeit gerne.