Checkliste: So verhalten Sie sich richtig bei einer OLAF-Durchsuchung
Im Rahmen externer Untersuchungen hat das OLAF nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 die Befugnis, vor Ort Kontrollen und Überprüfungen durchzuführen. Dabei sollten insbesondere die folgenden Verhaltenshinweise beachtet werden. Im Grundsatz gilt es dabei die Ruhe zu bewahren, da eine Durchsuchung Stresssituationen für die Mitarbeiter schafft.

1. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss vorlegen
Prüfen Sie, ob der Beschluss alle notwendigen Angaben enthält. Es muss insbesondere der Tatvorwurf enthalten sein. Die Tatsachen, auf die sich die Anschuldigung stützt, müssen durch konkrete Aussagen dargelegt werden. Der Umfang dieser Informationen wird je nach Art der Straftat und dem Stand des Ermittlungsverfahrens festgelegt:
• Grundsätzlich müssen jedoch Angaben über das Opfer, den Zeitpunkt und die Begehung der Straftat enthalten sein. Diese Informationen müssen den Anfangsverdacht eines Verhaltens erkennen lassen, das unter eine zu benennende Straftat subsumiert werden kann.
• Dann muss der Beschluss zeigen, dass der Richter die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme geprüft hat. Dazu ist eine zeitliche Begrenzung des Vorwurfs erforderlich.
• Weiterhin müssen Ziel und Zweck der Durchsuchung umschrieben sein, bspw. das Auffinden von Beweismitteln und/oder die Festnahme des Beschuldigten.
• Im Durchsuchungsbeschluss müssen zudem die zu durchsuchenden Räumlichkeiten konkret beschrieben sein. Es ist nicht notwendig, dass die zu durchsuchenden und möglicherweise bei der Durchsuchung zu beschlagnahmenden Gegenstände im Einzelnen benannt werden. Sie müssen jedoch je nach Art und denkbarem Inhalt, zumindest grob, ggf. in Form von beispielhaften Details, im Durchsuchungsbeschluss beschrieben werden. Nur allgemeine Angaben zu den Beweismitteln sind nicht ausreichend.
• Eine Durchsuchung kann zuletzt nur dann auf Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses erfolgen, wenn ihn ein Richter unterschrieben hat.
2. Verlangen Sie die Vorlage von Dienst-/Personalausweisen der Beamten und fertigen Sie Kopien an
Lassen Sie sich die Dienstausweise der Durchsuchungspersonen zeigen und fertigen Sie, wenn möglich, Kopien an oder schreiben Sie sich die Namen der Personen auf. Notieren Sie insbesondere die Kontaktdaten des Einsatzleiters und, wenn vorhanden, auch die externer Sachverständiger. Die Daten sollten nach Abschluss der Durchsuchung in ein eigens angefertigtes Protokoll zum Ablauf der Durchsuchung aufgenommen werden.
3. Informieren Sie die Beamten, dass Sie rechtlichen Beistand benötigen und bitten Sie darum, mit der Durchsuchung bis zum Erscheinen des Rechtsbeistands zu warten
Teilen Sie den Beamten mit, dass sie rechtlichen Beistand benötigen und zu diesem Zwecke telefonieren möchten. Selbst wenn Ihr Telefon bereits beschlagnahmt sein sollte, dürfen die Beamten Ihnen ein Telefonat mit einem Rechtsbeistand Ihrer Wahl nicht verwehren. Bitten Sie daraufhin die Beamten darum, mit der Durchsuchung bis zum Eintreffen des Rechtsbeistands zu warten. Regelmäßig wird dieser Bitte nachgekommen.
Sollte eine rechtzeitige Konsultation eines Anwalts nicht möglich sein oder sollten die Beamten nicht mit der Durchsuchung warten wollen, können auch Mitarbeiter zur Begleitung der Durchsuchung hinzugezogen werden. Keinesfalls sollten die Beamten die Durchsuchung und ggf. Beschlagnahme von Gegenständen und Dokumenten unbeaufsichtigt durchführen. Empfehlenswert ist es daher, die Durchsuchung von einem Anwalt oder einem Mitarbeiter pro Beamten beaufsichtigen zu lassen.
4. Kooperieren Sie und stellen Sie, falls vom Durchsuchungsbeschluss umfasst, die von den Beamten angeforderten Dokumente zur Verfügung und gewähren Sie Zugang zu den Räumlichkeiten
Zeigen Sie sich grundsätzlich kooperationsbereit und stellen Sie die vom Durchsuchungsbeschluss umfassten Dokumente zur Verfügung. Bieten Sie ggf. an, die gesuchten Unterlagen selbst zusammenzustellen. Öffnen Sie zu durchsuchende Räumlichkeiten und gewähren Sie den Beamten Zutritt. Erwehren Sie sich der Durchsuchung keinesfalls mit Gewalt. Vermeiden Sie Gespräche über den Vorwurf und tätigen Sie gegenüber den Ermittlungsbeamten zu keinem Zeitpunkt Aussagen zur Sache. Bestehen Sie ggf. auf eine förmliche Befragung.
5. Widersprechen Sie der Sicherstellung von Gegenständen und bestehen Sie ggf. auf die Versiegelung von Dokumenten
Erklären Sie sich mit der Mitnahme von Gegenständen und Dokumenten nicht einverstanden. Widersprechen Sie insbesondere der Mitnahme von Gegenständen und Dokumenten, die nicht vom Durchsuchungsbeschluss umfasst werden. Der Widerspruch gegen die Sicherstellung zwingt die Ermittlungsbehörde dazu, einen richterlichen Bestätigungsbeschluss herbeiführen zu müssen. Bestehen Sie darüber hinaus auf die Versiegelung beschlagnahmter Dokumente. Eine Einsichtnahme durch Dritte ist dann zunächst nicht mehr möglich. Verlangen Sie nach Abschluss der Durchsuchung unbedingt ein Verzeichnis der beschlagnahmten und mitgenommenen Gegenstände und Dokumente.
6. Erstellen Sie ein Protokoll über die Durchsuchung
Erstellen Sie nach Abschluss der Durchsuchung ein eigenes Ablaufprotokoll, in welchem festgehalten wird, welche Gegenstände und/oder Dokumente wann, wo und von wem beschlagnahmt und welche Räumlichkeit durchsucht wurden. So behalten Sie nicht nur den Überblick, sondern können auch Ihre Vorgesetzten – sofern nicht bei der Durchsuchung anwesend – entsprechend detailliert informieren.
7. Halten Sie die interne Berichtskette ein
Ernennen Sie zu Beginn der Durchsuchung einen Wortführer des durchsuchten Unternehmens. Halten Sie im Anschluss unbedingt die interne Berichts- und Weisungskette ein. Dies gilt sowohl für den Zeitraum während der Durchsuchung als auch danach. Sind Informieren Sie umgehend Ihre Vorgesetzten sowie den Vorstand/Geschäftsführer. Halten Sie sich an die unternehmensintern festgelegten Weisungen.
8. Nach der Durchsuchung: interne Untersuchung, Erstellung einer Strategie zur (internationalen) Zusammenarbeit, einschließlich möglicher Selbstanzeigen
Eine Durchsuchung ist sehr nervenaufreibend. Danach fängt die Arbeit jedoch erst richtig an – was ist passiert und was muss das betroffene Unternehmen jetzt machen? Leiten Sie nach der Durchsuchung eine interne Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts ein. Überprüfen und ggf. überarbeiten Sie in dem Zuge Ihr Compliance-Programm, um etwaigen Verstößen in Zukunft vorbeugen zu können. Erstellen Sie eine Strategie zur (internationalen) Zusammenarbeit zwecks Aufarbeitung und Umgang mit der laufenden Sache. Überprüfen Sie bei dieser Gelegenheit Ihre Geschäftspartner und analysieren Sie Risiken. Regelmäßig kann zudem eine Selbstanzeige von eigens aufgedecktem Fehlverhalten und eine intensive Kooperation mit den zuständigen Behörden zur Reduzierung von Strafen führen, selbst bei einer laufenden OLAF-Untersuchung.
BLOMSTEIN berät Sie zu allen Fragen rund um OLAF-Untersuchungen und den Bereich der außenwirtschaftsrechtlichen Compliance. Sollten Sie insbesondere rechtliche Unterstützung bei einer OLAF-Durchsuchung benötigen, stehen Ihnen Dr. Roland M. Stein und Dr. Leonard von Rummel hierfür jederzeit gern zur Verfügung.