Critical Raw Materials Act und bevorstehende Regelungen für Unternehmen
Am 12. Dezember 2023 wurde im Europäische Parlament eine Einigung über einen Entwurf des EU Critical Raw Materials Acts (CRMA) erzielt, die den Weg für eine zeitnahe Verabschiedung eröffnet. Damit drohen weitere regulatorische Pflichten für Unternehmen, die mit kritischen Rohstoffen produzieren.
Hintergrund
Viele Technologien in Schlüsselsektoren der EU wie erneuerbare Energien, Informationstechnologie und Verteidigung sind von einzelnen Rohstoffen abhängig. Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen ist bereits heute hoch, und wird perspektivisch noch erheblich steigen. Zuletzt haben insbesondere die COVID-19-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eine erhebliche Anfälligkeit vieler EU-Unternehmen gegenüber Unterbrechungen ihrer Lieferketten für Rohstoffe aufgezeigt. Dabei resultieren Risiken insbesondere aus einer Abhängigkeit von Importen in die EU, die in den meisten Fällen von einer kleinen Anzahl von Lieferanten in wenigen Drittländern stammen. Mit dem CRMA möchte die EU eine sichere und nachhaltige Versorgung europäischer Unternehmen mit den benötigten Rohstoffen sicherstellen.
Kritische und strategische Rohstoffe nach dem CRMA
Der CRMA -Entwurf definiert 34 Rohstoffe von hoher wirtschaftlicher Bedeutung, deren Lieferketten einem hohen Risiko ausgesetzt sind, als sogenannte kritische Rohstoffe (siehe EG 1, Art. 4 und Anhang 2 des CRMA-Entwurfs). Innerhalb der kritischen Rohstoffe bildet der CRMA-Entwurf die Unterkategorie der strategischen Rohstoffe. Dabei handelt es sich um Rohstoffe von hoher strategischer Bedeutung und mit einer potenziell erheblichen Kluft zwischen globalem Angebot und prognostizierter Nachfrage, bei denen auch eine Produktionssteigerung schwierig ist (siehe Erwägungsgrund 6, Art. 3 und Anhang 1 des CRMA-Entwurfs). Bei den als kritisch und im Einzelnen auch als strategisch (kursiv) eingestuften Rohstoffen handelt es sich um:
Antimon, Arsen, Bauxit/Aluminiumoxid/Aluminium, Baryt, Beryllium, Bismut, Bor, Feldspat, Fluorit, Gallium, Germanium, Graphit, Hafnium, Kobalt, Kokskohle, Kupfer, Lithium, Magnesium, Mangan, Nickel, Niob, Phosphatgestein, Phosphor, Platingruppenmetalle, schwere- und leichte Seltene Erden, Scandium, Siliziummetall, Strontium, Tantal, Titanmetall, Vanadium, Wolfram, Wismut.
Anwendungsbereich des CRMA
Der CRMA-Entwurf schafft neue Aufgabenfelder für die Europäische Kommission und verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zu verschiedenen Maßnahmen zur Verbesserung und Diversifizierung der Versorgung mit kritischen und strategischen Rohstoffen. Dazu zählt auch die Stärkung der Kreislauffähigkeit inklusive Recycling und die Unterstützung von Forschung und Innovation in den Bereichen Ressourceneffizienz und Entwicklung von Ersatzstoffen.
Darüber hinaus sollen EU-Mitgliedstaaten bei ihnen tätige Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz über EUR 150 Mio. identifizieren, die strategische Rohstoffe in einigen besonders sensiblen Bereichen benötigen. Dabei geht es insbesondere um Unternehmen aus verschiedenen Bereichen der Energiewende, dem Verteidigungsbereich, der Informationstechnologie sowie der Luft- und Raumfahrt (zu den konkret erfassten Herstellungsgegenständen siehe Art. 24 CRMA-Entwurf).
Entstehende Prüfpflichten für unternehmenseigene Lieferketten
Die betroffenen Unternehmen treffen nach dem CRMA-Entwurf verschiedene Compliance-Vorgaben. So sollen sie mindestens alle drei Jahre eine Risikoanalyse zu Abhängigkeiten von strategischen Rohstoffen in ihrer Lieferkette durchführen, inklusive einer Erfassung, wo diese strategischen Rohstoffe gewonnen, verarbeitet und recycled werden. Bestehende Risiken für die Stabilität der Lieferkette sind herauszuarbeiten. Werden in diesem Rahmen Anfälligkeiten festgestellt, sollen sich Unternehmen um Maßnahmen zur Risikominderung bemühen. Zusätzlich können die jeweiligen EU-Mitgliedstaaten weitergehende gesetzliche Verpflichtungen wie etwa Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand beschließen. Da größere Unternehmen viele der für ihre Risikoanalyse erforderlichen Informationen von ihren Zulieferern abfragen müssen, werden sich mittelbar auch kleinere und mittlere Unternehmen an einzelnen Berichtspflichten des CRMA orientieren und diese Informationen für ihre Lieferketten erfassen müssen.
Der erste Entwurf der Europäischen Kommission ging in Bezug auf die Prüfpflichten der betroffenen Unternehmen noch weiter und erstreckte diese beispielsweise auch auf die Verfügbarkeit alternativer Bezugsquellen und Ersatzrohstoffe sowie verschiedenste Krisenszenarien. Nach dem aktuellen Entwurf des CRMA soll diese Prüfung nur noch im Rahmen eines laufenden Risikomonitorings und Stresstests zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischer Kommission erfolgen (siehe Art. 20 des CRMA-Entwurfs). Da die EU-Mitgliedstaaten dafür jedoch ihrerseits Informationen der auf ihrem Staatsgebiet tätigen Unternehmen benötigen, erscheint eine zumindest teilweise Weitergabe dieser Prüfpflichten im Rahmen der Implementierung des CRMA durchaus wahrscheinlich.
Perspektive
Es bleibt abzuwarten, wie die einzelnen EU- Mitgliedstaaten und insbesondere Deutschland den CRMA umsetzen werden. Gerade für Unternehmen, die entweder die genannten strategischen Rohstoffe für ihre Wertschöpfung benötigen oder aber in einem der vom CRMA adressierten Bereiche tätig sind, dürfte sich aktuell eine vorausschauende Planung lohnen. Im Idealfall können so nicht nur die eigenen Lieferketten möglichst frühzeitig auf den aus dem CRMA entstehenden Rechtsrahmen angepasst, sondern auch einzelne Preisentwicklungen im Bereich der kritischen und strategischen Rohstoffe antizipiert werden.
BLOMSTEIN wird die weiteren Entwicklungen zur Verabschiedung des CRMA und insbesondere auch dessen Umsetzung in Deutschland aufmerksam verfolgen. Wenn Sie Fragen zu den möglichen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen oder Ihre Branche haben, stehen Ihnen Dr. Roland M. Stein, Dr. Florian Wolf, Dr. Leonard von Rummel und Moritz Schuchert jederzeit gern zur Verfügung.