Drohende EU-Sanktionen gegen Russland - Ihre 5 konkreten Erstmaßnahmen

21.02.2022

Aufgrund der sich weiter zuspitzenden Ukraine-Krise müssen sich Unternehmen derzeit dringend mit der Frage befassen, wie sie mit möglichen neuen EU-Sanktionen gegen Russland umgehen werden. Die EU würde im Fall einer russischen Aggression gegen die Ukraine eine ganze Reihe von erheblichen Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland erlassen. Wir haben die fünf konkreten Erstmaßnahmen für Sie zusammengefasst, die Ihr Unternehmen möglichst frühzeitig ergreifen sollte.

1. Interne Aufgabenzuordnung

Schaffen Sie zuerst klare Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens. Eine klare Aufgabenzuteilung stellt sicher, dass die wesentlichen Fragen zeitnah und effizient beantwortet werden. Sie sollten dafür sorgen, dass alle betroffenen Unternehmensbereiche in die Bewältigung der Situation eingebunden werden, damit an den Schnittstellen keine Fehler passieren.

Konkret sollten sich alle betroffenen Abteilungen zusammensetzen, das Vorgehen besprechen und Aufgaben eindeutig zuordnen. Je nach Aufbau Ihres Unternehmens können z.B. die Bereiche Exportkontrolle, Recht & Compliance, Einkauf, Vertrieb, Vertragsmanagement oder Treasury betroffen sein. Je schneller die Mitarbeiter in diesen Bereichen wissen, welche Aufgaben sie zu übernehmen haben, desto geringer ist das Risiko, dass es in nächster Zeit zu Fehlern, d.h. zu Sanktionsverstößen kommt.

Beachten Sie: Die möglichen Russland-Sanktionen sind ChefInnen-Sache. Der oder die Ausfuhrverantwortliche muss als zuständiges Mitglied der Geschäftsleitung das weitere Vorgehen koordinieren. Wenn Sie den Umgang mit neuen Sanktionen frühzeitig zentral steuern, haben Sie einen wesentlichen Schritt bereits getan.

2. Schnelle Analyse der Sanktionsverordnung

Der zweite dringliche Schritt ist eine möglichst schnelle Analyse der Sanktionsverordnung nach ihrem Erlass. Arbeiten Sie diese von Artikel zu Artikel durch und identifizieren Sie die Verbote und Einschränkungen, die Ihr Unternehmen betreffen könnten – auch wenn es Ihnen auf den ersten Blick eher fernliegend erscheint, dass eine Vorschrift ihre Geschäftstätigkeit betrifft.

Sollten Sie sich bei einzelnen Vorschriften unsicher sein, ob Ihr Unternehmen von diesen betroffen ist, holen Sie qualifizierten Rat ein. Sanktionsverordnungen werden häufig sehr weit ausgelegt. Schließen Sie daher die Einschlägigkeit einer Vorschrift lieber sicher aus, als ein Risiko einzugehen.

3. Aktuelles Screening aller Geschäftskontakte

Die neuen EU-Sanktionen werden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Listen mit Personen, Unternehmen und Einrichtungen enthalten, mit denen bestimmte Transaktionen oder Geschäfte zukünftig beschränkt oder verboten sind. Sie müssen jetzt sicherstellen, dass Sie umgehend erkennen, falls diese gelisteten natürlichen oder juristischen Personen Teil Ihrer Geschäftsbeziehungen sind.

Unterziehen Sie möglichst sämtliche Geschäftskontakte – ob im Einkauf, Vertrieb oder anderen Bereichen – unverzüglich einem Screening. Benutzen Sie dazu am besten eine aktuelle und leistungsstarke Screening-Software. Erkundigen Sie sich auch bei Verbänden, IHK und in öffentlich zugänglichen Quellen.

Lassen Sie dabei nicht unberücksichtigt, dass in aller Regel auch mittelbare Transaktionen mit sanktionierten Unternehmen oder Personen verboten sind. Es muss also ebenfalls abgeklärt werden, ob Ihr Geschäftspartner z.B. ein Konzernunternehmen einer gelisteten Konzernmutter ist oder von einer gelisteten natürlichen Person kontrolliert wird.

4. Stopp von Ausfuhrvorgängen, Zahlungen und Vertragsunterzeichnungen

Sofern Sie nach dem Erlass neuer EU-Sanktionen nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass Ihr Russland-Geschäft von den Sanktionen betroffen ist, sollten Sie Ausfuhrvorgänge, Zahlungen und Vertragsunterzeichnungen vorläufig stoppen. Nehmen Sie sich die Zeit, die Auswirkungen der Sanktionen auf Ihr Geschäft umfassend zu prüfen. Verstöße gegen die Sanktionsverordnung können Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten darstellen. Sowohl Unternehmen als auch handelnde Personen von der Geschäftsführung bis zur Exportkontrollabteilung können bei Verstößen empfindlichen Strafen ausgesetzt sein. Lassen Sie sich von Ihren Vertragspartnern nicht drängen!

Beachten Sie, dass manche neuen Regelungen nicht erst die Ausfuhr von Gütern nach Russland verbieten können, sondern bereits den Vertragsschluss. So ist es bereits in der derzeitigen Verordnung 833/2014 verboten, Dual-Use-Güter für bestimmte Verwendungszwecke nach Russland zu verkaufen (z.B. Artikel 2 und 2a). Die Strafverfolgungsbehörden haben bei diesen Regelungen in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass bereits der Abschluss eines Vertrages verboten ist. Kommunizieren Sie unternehmensintern, welche Vertragsabschlüsse und Ausfuhren einer ausdrücklichen Freigabe durch die Exportkontroll-, Compliance- oder Rechtsabteilung bedürfen.

5. Prüfung von Sanktionsklauseln in Verträgen

Prüfen Sie schon jetzt die Sanktionsklauseln in Ihren Verträgen. Wenn Sie sich durch weitreichende Sanktionsklauseln gegen die nun möglicherweise eintretende Situation geschützt haben, zögern Sie nicht, sich gegenüber Geschäftspartnern darauf zu berufen. Oft sehen diese das Recht vor, sich sofort von vertraglichen Verbindungen zu lösen, wenn Sie durch ein Geschäft gegen die neue Sanktionsverordnung verstoßen würden.

Fehlt es in Verträgen an solchen Klauseln, holen Sie Expertise dazu ein, wie Sie sich gegen Drohungen mit Schadensersatzansprüchen wehren können und welche Risiken hier tatsächlich bestehen. Bessern Sie Ihre Vertragsklauseln bei zukünftigen Vertragsabschlüssen nach – unabhängig davon, ob neue Vertragsabschlüsse einen konkreten Russland-Bezug haben.

Die aktuellen Entwicklungen können im Falle von neuen Russland-Sanktionen der bei allen betroffenen Unternehmen zahlreiche Fragen aufwerfen und zu einer Vielzahl von Unsicherheiten führen. Wir werden bei Erlass solcher neuen Sanktionen fortlaufend deren Auswirkungen und konkrete Reichweite analysieren. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit EU-Sanktionsverordnungen werden wir die Bedeutung und Auswirkung einzelner Sanktionsvorschriften im Detail einschätzen können. Wir stehen Ihnen bei Fragen zur praktischen Abwicklung ebenso wie bei juristischen Detailfragen zum Anwendungsbereich der Sanktionen jederzeit zur Seite. Kontaktieren Sie bei Bedarf einfach Dr. Pascal Friton, Dr. Roland M. Stein, Dr. Florian Wolf oder Dr. Laura Louca.

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