Medizinprodukte und ausländische Subventionen
Neue Instrumente gegen stark subventionierte Einfuhren von außerhalb der EU
Der sich abzeichnende Handelskrieg zwischen China und den USA wird auch Auswirkungen auf Unternehmen in der EU haben. Eine Folge könnte die Überschwemmung des europäischen Marktes mit stark subventionierten Produkten aus China sein – gerade im Bereich der Medizinprodukte ist dies nicht unwahrscheinlich. Einer solchen Entwicklung sind europäische Unternehmen jedoch nicht schutzlos ausgeliefert.
Um wirksam gegen drittstaatliche Subventionen vorgehen zu können, die zu ungleichen Chancen im Wettbewerb führen und dadurch eine Verzerrung des Marktes bewirken, hat die EU im Jahr 2023 neue Instrumente eingeführt. Die Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (Foreign Subsidies Regulation – FSR) ermöglicht es der Europäischen Kommission (Kommission), ausländische Subventionen zu überprüfen und gegen unfaire Subventionen aus Drittstaaten wie China vorzugehen.
EU geht gegen unfaire Subventionen vor
Die Kommission ist befugt, jede beliebige Marktsituation zu untersuchen, wenn sie vermutet, dass ausländische Subventionen den Wettbewerb in der EU verzerren. Bestätigt sich der Verdacht, kann die Kommission dem subventionierten Unternehmen Abhilfemaßnahmen auferlegen, um die Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen. Die Kommission kann beispielsweise anordnen, dass das Unternehmen seine Kapazitäten oder seine Marktpräsenz in der EU reduzieren muss. Auch eine vorübergehende Einschränkung der Geschäftstätigkeit in der EU ist möglich. Zu den möglichen Maßnahmen gehört darüber hinaus, dem Unternehmen bestimmte Investitionen in der EU zu untersagen. Die Maßnahmen, die der Kommission nach der FSR zur Verfügung stehen, sind also sehr weitreichend.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kommission mehr als bereit ist, ihre Befugnisse nach der FSR voll auszuschöpfen, insbesondere in Bezug auf China: Seit 2023 hat sie zwei Verfahren hinsichtlich wettbewerbsverzerrender chinesischer Subventionen eingeleitet, die die Bereiche Windenergie und Sicherheitsausrüstung betreffen. In einer ihrer Untersuchungen führte die Kommission sogar eine unangekündigte Durchsuchung bei einem chinesischen Hersteller durch, um weiteres Beweismaterial zu sammeln.
Handlungsmöglichkeiten für EU-Unternehmen
Die Kommission entscheidet nach eigenem Ermessen, ob und in welchen Sektoren sie ein Verfahren einleitet. Bei der Entscheidung über ein Tätigwerden berücksichtigt die Kommission aber auch Hinweise von EU-Unternehmen auf unfairen Wettbewerb und die dadurch verursachten Nachteile. Um die Kommission zum Einschreiten gegen ausländische Subventionen im Gesundheitssektor zu bewegen, ist es für EU-Unternehmen ratsam, eine Beschwerde bei der Kommission einzureichen, die ihr Hinweise zu unfairen Wettbewerbsvorteilen von Konkurrenten aus dem Ausland liefert. Gerade im Bereich Medizinprodukte und Gesundheit dürfte die Kommission aufgrund der hohen strategischen Bedeutung für die Resilienz der EU für solche Vorschläge empfänglich sein. Dies zeigt nicht zuletzt eine laufende Untersuchung im Rahmen des sogenannten Instruments betreffend das internationale Beschaffungswesen (International Procurement Instrument – IPI), mit dem die EU gegen Marktzugangsbarrieren für EU-Medizinproduktehersteller in China vorgehen will.
Bekämpfung unfairer Wettbewerbsvorteile bei öffentlichen Ausschreibungen
Insbesondere bei M&A-Transaktionen und öffentlichen Ausschreibungen besteht die Gefahr, dass Unternehmen aus Drittstaaten durch Subventionen ungerechtfertigte Vorteile gegenüber EU-Unternehmen erlangen. Unternehmen sind daher in solchen Situationen verpflichtet, drittstaatliche Subventionen bei den Behörden zu melden, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Bei öffentlichen Ausschreibungen müssen ausländische Subventionen ab einem Auftragswert von 250 Millionen Euro gemeldet werden. Obwohl die öffentlichen Auftraggeber verpflichtet sind, die Bieter über die Meldepflicht zu informieren und deren Einhaltung sicherzustellen, wird dies nach unseren Erfahrungen nicht immer beachtet. Fehlt bei einem Vergabeverfahren oberhalb des Schwellenwertes die Information über die Meldepflicht, lohnt es sich, den entsprechenden Auftraggeber an diese Pflicht zu erinnern.
Gerade in Vergabeverfahren bietet die FSR wirksame Möglichkeiten, gegen unfaire Wettbewerbsvorteile vorzugehen: Stellt die Kommission fest, dass ein Unternehmen von ausländischen Subventionen profitiert, die einen fairen Wettbewerb im Vergabeverfahren verhindern, kann sie den Ausschluss des begünstigten Unternehmens vom Vergabeverfahren anordnen. In der Vergangenheit hat allein die Ankündigung einer vertieften Prüfung durch die Kommission dazu geführt, dass sich die betroffenen chinesischen Unternehmen aus den jeweiligen Vergabeverfahren zurückgezogen haben.
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BLOMSTEIN wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen. Bei Beratungsbedarf und anderen Fragen stehen Ihnen Florian Wolf, Christopher Wolters und Ramona Ader jederzeit gerne zur Verfügung.