Der blinde Fleck im Außenwirtschaftsrecht – Meldepflichten bei der Bundesbank
Die meisten Unternehmen leisten regelmäßig Zahlungen ins oder sind Empfänger von Zahlungen aus dem Ausland. Genauso halten eine Vielzahl von inländischen Unternehmen Anteile an ausländischen Unternehmen oder werden selbst (zum Teil) von ausländischen Unternehmen gehalten. Daraus ergibt sich eine ganze Reihe von Themen, unter anderem Meldepflichten bei der Bundesbank. Trotz empfindlicher Sanktionierung (bis zu 30.000 Euro Bußgeld je Verstoß), strikter Meldefristen und nur eingeschränkter Korrekturmöglichkeiten werden die Meldepflichten nach §§ 62–70 AWV vielfach stiefmütterlich behandelt oder gar ganz übersehen. Betroffen sind neben Unternehmen gleichermaßen Privatpersonen und Freiberufler, denn die Meldepflicht gilt grundsätzlich für grenzüberschreitende Zahlungen (über 12.500 Euro ohne gegenüberstehenden Import oder Export) und Unternehmensbeteiligungen mit Auslandsbezug. Da abgegebene falsche oder unvollständige Meldungen zumindest eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellen, sollten solche Meldeverstöße durch eine vorbeugende Compliance-Strategie möglichst vermieden werden.
Dieser Beitrag soll einen ersten Überblick geben:
Wer muss melden?
Was muss gemeldet werden?
Wie kann man melden?
Worst Case – was droht, bei Verstößen?
First Aid – was ist zu tun, wenn Meldeverstöße passiert sind?
Jedermann-Meldepflicht
Im Grundsatz gilt, dass außenwirtschaftsrechtliche Meldepflichten Unternehmen, Freiberufler und Privatpersonen gleichermaßen treffen. Meldepflichtig sind Inländer. Bei Unternehmen ist auf den Sitz abzustellen, wobei eine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte innerhalb Deutschlands ausreicht, um die Meldepflicht auszulösen. Anknüpfungspunkt bei natürlichen Personen ist der tatsächliche Wohnsitz. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es hingegen nicht an, sodass dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer genauso meldepflichtig sind wie deutsche Staatsangehörige. Dauerhaft im Ausland lebende Deutsche gelten hingegen als Ausländer.
Umfassender Ansatz – Fast alles ist zu melden
Im Grundsatz gilt, Vermögensbewegungen mit Auslandsbezug sind meldepflichtig, egal ob grenzüberschreitende
Zahlungen,
Kredite & Darlehen,
Forderungen & Verbindlichkeiten oder
Unternehmensbeteiligungen.
Die Meldepflicht für Zahlungen gilt für geleistete Zahlungen (sog. ausgehende Zahlungen) ebenso wie für empfangene Zahlungen (sog. eingehende Zahlungen). Sie ist unabhängig davon, in welcher Form die Zahlung erfolgt. Unter dieses weite Verständnis fallen insbesondere auch Auf- und Verrechnungssysteme (Netting und Clearing). Fallstrick in der Praxis: Meldepflichtig ist nicht „nur“ das letztlich auszugleichende Saldo, stattdessen ist die Meldepflicht jeweils für die einzelnen Verrechnungsposten zu bestimmen.
Von großer Bedeutung sind aber drei Ausnahmen von der Meldepflicht für Zahlvorgänge:
Schwellenwert 12.500 Euro: Tätigung und Empfang von Zahlungen bis einschließlich 12.500 Euro sind meldefrei.
Warenimport und -export: Die Kaufpreiszahlung auf Warenimporte oder -exporte ist meldefrei. Die Ausnahme gilt nur für physische Warenimporte oder -exporte. Rechte oder digitale Produkte und grenzüberschreitende Dienstleistungen fallen nicht unter die Ausnahme.
Kurzzeitige Kredite & Darlehen: Bei einer Laufzeit von bis zu 12 Monaten sind Kredite & Darlehen grundsätzlich meldefrei. Gute Nachricht für Unternehmen: der unternehmensinterne Liquiditätsausgleich (Cash-Pooling) kann meldefrei gestaltet werden.
Zu den meldepflichtigen Vermögensbeständen zählen grenzüberschreitende Forderungen & Verbindlichkeiten sowie Unternehmensbeteiligungen. Für Forderungen & Verbindlichkeiten gilt ein monatlicher Grenzwert von 5 Mio. Euro. Unbedingt zu beachten ist, dass Forderungen & Verbindlichkeiten zu saldieren und nicht zu verrechnen sind. Meldepflichtig sind in diesem Fall „nur“ Unternehmen und Freiberufler, Privatpersonen sind ausgenommen. Bei Unternehmensbeteiligungen mit Auslandsbezug trifft die Meldepflicht wieder uneingeschränkt Private wie Unternehmen und Freiberufler. Maßgeblich für die Feststellung einer Meldepflicht sind die Höhe der Beteiligung und Bilanzsumme. Erforderlich ist in jedem Einzelfall eine sorgfältige Prüfung der Unternehmenskennzahlen – jedenfalls bei Beteiligungen ab 10% an einem ausländischen Unternehmen mit einer Bilanzsumme von über 3 Mio. Euro ist von Meldepflichtigkeit auszugehen.
Den Durchblick behalten – Die Meldeverfahren
Steht fest, dass eine Meldepflicht gegenüber der Deutschen Bundesbank besteht, ist eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Meldeverfahren unumgänglich. Je nach Meldeverfahren und Art der Meldepflicht gelten unterschiedliche Meldeintervalle und -fristen. Auch die einzureichenden Formulare unterscheiden sich. Außer bei einmaligen Meldungen von Privatpersonen sind die Meldungen mittels der hierfür eingerichteten elektronischen Meldesysteme einzureichen. Hierfür muss zunächst eine Meldenummer (auch: Firmennummer) beantragt werden. Standardmäßig erfolgt die Meldung über das Allgemeine Meldeportal Statistik (AMS).
Um sich einen Überblick über das Meldeverfahren zu verschaffen, kann auf das umfangreiche Informationsmaterial auf der Homepage der Bundesbank zurückgegriffen werden, diese stellt umfangreiche FAQs, Merkblätter und Hinweise zur Verfügung. Daneben kann es sich in der Praxis lohnen, das telefonische Beratungsangebot wahrzunehmen und konkrete Fragestellungen zum eigenen Vorhaben oder zur Tätigkeit des Unternehmens individuell zu klären.
Was droht bei Verstößen?
Verstöße gegen außenwirtschaftsrechtliche Meldepflichten können zu Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro je Verstoß führen. Bei fahrlässigen Säumnissen halbiert sich die Höchstbuße auf 15.000 Euro.
Bei Unternehmen können überdies auch Unternehmensverantwortliche persönlich mit einem Bußgeld belegt werden, wenn ihnen ein Aufsichtsverschulden zur Last fällt.
Möglichkeit der sanktionsbefreienden Selbstanzeige
Falschmeldungen bzw. nicht oder zu spät abgegebene Meldungen stellen eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 19 Abs. 3 AWG dar. Entsprechend kann (zumindest bei fahrlässigen Verstößen) durch eine Selbstanzeige nach § 22 Abs. 4 AWG eine Verfolgung abgewendet werden. Durch sie kann vollständige Sanktionsfreiheit erlangt werden. Auch bei vorsätzlichen Verstößen wird eine offene und gute Zusammenarbeit mit den Behörden in der Regel positiv gewertet. Da eine Selbstanzeige aber rechtzeitig und vollständig bei der zuständigen Behörde erfolgen muss, ist eine professionelle und sorgfältige Vorbereitung unbedingt anzuraten.
BLOMSTEIN berät umfänglich zu außenwirtschaftsrechtlichen Meldepflichten und Verstößen dagegen. Dr. Roland M. Stein, Dr. Florian Wolf und Dr. Laura Louca stehen Ihnen für Fragen jederzeit gern zur Verfügung.