Umsetzung von OLAF-Berichten in den Mitgliedstaaten und deren zollrechtliche Bedeutung
Wie werden OLAF-Berichte in den Mitgliedstaaten umgesetzt und welche zollrechtliche Bedeutung haben sie? Das folgende Briefing zeigt auf, dass sich die fehlende Bindungswirkung von OLAF-Berichten nur bedingt in Folgemaßnahmen auf nationaler Ebene widerspiegelt und OLAF-Berichte insbesondere auf den zollrechtlichen Vertrauensschutz einen erheblichen Einfluss haben können.
Umsetzung in strafrechtlichen Verfahren
Die nach Abschluss einer externen OLAF-Untersuchung erstellten Untersuchungsberichte haben erhebliche Bedeutung in Ermittlungsverfahren in Deutschland, da sie grundsätzlich als Beweismittel in strafrechtlichen Gerichtsverfahren verwendet werden können. Die für die Tätigkeit des OLAF maßgebliche Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 scheint jedoch nicht für alle mitgliedstaatlichen Justizbehörden eine hinreichende Rechtsgrundlage zu bieten, um OLAF-Berichte in nationalen Gerichtsverfahren zu verwenden. So sind die zuständigen nationalen Behörden oftmals gezwungen, die Beweiserhebung und andere Ermittlungsmaßnahmen selbst erneut durchzuführen, um entsprechende Beweise vor Gericht verwerten zu dürfen.
Es existiert darüber hinaus kein förmliches Sanktionsmechanismus, der bei Nichtbefolgung von OLAF-Empfehlungen greift. Zumal ein solcher auch verkennen würde, dass es sich bei OLAF-Berichten lediglich um Empfehlungen und Stellungnahmen ohne bindende Rechtswirkung handelt. Die insoweit fehlende Regelungs- bzw. Bindungswirkung von OLAF-Berichten spiegelt sich jedoch nur bedingt in Folgemaßnahmen auf nationaler Ebene wider. So wurden zwischen 2012 und 2018 dennoch 36 % aller Fälle in der EU aufgrund von Empfehlungen und Berichten des Amts in den Mitgliedstaaten zur Anklage gebracht. Im Jahr 2018 hat Deutschland z.B. 21 % der OLAF-Empfehlungen zur Anklage gebracht, Griechenland 80 % und Italien 48 %.
Umsetzung in Nacherhebungsfällen
OLAF-Berichte haben ferner einen erheblichen Einfluss auf die Nacherhebung von Abgaben bei der Aus- und Einfuhr von Waren, wenn sie feststellen, dass zu wenig Zoll bezahlt wurde. Die Nacherhebung erfolgt in Deutschland sodann durch das jeweilig zuständige Hauptzollamt.
Zollrechtliche Bedeutung bei Irrtumsfällen
Macht der Ausführer gegenüber den zuständigen Zollbehörden falsche Angaben, bspw. über den Ursprung der Ware, und unterläuft den Zollbehörden bei der Ausstellung des Ursprungszeugnisses ein Irrtum, so kann der Einführer unter bestimmten Voraussetzungen das Nacherhebungsverbot geltend machen. Gleiches gilt, wenn der Einführer die zu der Ausstellung des Zeugnisses führenden Umstände nicht überprüft. In diesen Fällen kann der Einführer grundsätzlich nur dann das Nacherhebungsverbot wegen seines berechtigten Vertrauens auf die ihm vorliegenden Informationen geltend machen, wenn
• die Abgaben wegen eines Irrtums der zuständigen Behörde nicht erhoben werden,
• der unterlaufene Irrtum von einem gutgläubigen Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und
• der Einführer alle für seine Zollerklärung geltenden Bestimmungen beachtet hat.
Das berechtigte Vertrauen kann jedoch wegen eines OLAF-Berichts ausgeschlossen sein. Dieserart urteilte der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren (Rs. C-47/16) und konstatierte, dass ein Einführer das Nacherhebungsverbot nicht geltend machen kann, wenn sich aus einem OLAF-Bericht relevante Informationen, insbesondere bezüglich des maßgeblichen Verhaltens des Ausführers oder die zu importierenden Produkte, ergeben.
Dem Einführer obliegt es daher, Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko einer Nacherhebung zu minimieren indem er sich Beweismittel für den Ursprung der Ware von dem jeweiligen Ausführer übermitteln lässt. Darüber hinaus sollte sich der Einführer im Rahmen der Überprüfung von Ursprungszeugnissen stets über OLAF-Berichte kundig machen, die nicht nur allgemeine Beschreibungen, sondern vielmehr konkrete Hinweise auf den eigenen Sachverhalt enthalten. Anderenfalls droht zu einem späteren Zeitpunkt ggf. die Versagung des Vertrauensschutzes.
BLOMSTEIN berät Sie zu zollrechtlichen Fragen und im Bereich der außenwirtschaftsrechtlichen Compliance. Dr. Roland M. Stein und Dr. Leonard von Rummel stehen Ihnen hierfür jederzeit gern zur Verfügung.