ESG – Equipment for Security goes Green
LkSG, CS3D, CBAM, EUDR und CRMA in der Verteidigungsindustrie
Wie im Januar angekündigt, veröffentlicht BLOMSTEIN eine Briefingreihe, die in europäische und deutsche Rechtsfragen für den Sicherheits- und Verteidigungssektor einführen. In unserem letzten Briefing haben wir einen Überblick über neue Finanzierungsmöglichkeiten gegeben, die von der Europäischen Investitionsbank für die Industrie bereitgestellt werden.
In dieser Ausgabe geht es um verschiedene neue ESG-Pflichten für die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie. Unternehmen aus der Branche treffen eine Vielzahl regulatorischer Pflichten. Seit geraumer Zeit gehören insbesondere auch ESG-Pflichten dazu. Die Schlagzahl der neuen Anforderungen für Unternehmen in diesem Bereich ist hoch. Bereits in der ersten Jahreshälfte kam es zu einigen Neuerungen (vgl. auch unsere entsprechenden ESG-Briefings). In diesem Briefing werden überblicksmäßig die neusten Entwicklungen in Deutschland und auf europäischer Ebene im ESG-Bereich sowie deren Auswirkungen auf die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie beleuchtet.
Verschärfung des LkSG: erweiterter Adressatenkreis
In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 2024 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bereits ab 1.000 Mitarbeitenden und nicht wie gehabt erst ab 3.000 Mitarbeitenden. Der Kreis der Betroffenen hat sich folglich deutlich erweitert. Seit Anfang des Jahres müssen die Adressaten regelmäßig ihre Lieferketten analysieren und einen funktionierenden Beschwerdemechanismus etablieren (für Details der zu erfüllenden Pflichten siehe unser Briefing hier). Die Einhaltung der Sorgfaltspflichten sollten Unternehmen sorgfältig dokumentieren, denn es ist jährlich ein Bericht über die Einhaltung dieser zu veröffentlichen.
Das BAFA hat zwar die Prüfung der Berichtsspflichten für die bereits betroffenen Unternehmen bis zum 1. Januar 2025 ausgesetzt. In 2025 wird es die erstmaligen Berichte der „Tausender“ aber voraussichtlich kritisch untersuchen und möglichen Verstößen nachgehen. Bereits im vergangenen Jahr hat sich gezeigt, dass die Behörde nicht zahnlos agiert, sondern ihre Kompetenzen selbstbewusst ausübt. Zwar wurden – soweit ersichtlich – keine Bußgelder nach dem LkSG verhängt, das BAFA griff aber bei erkannten Verletzungen ein. Auf Grundlage des Gesetzes untersuchte es 58 Unternehmen. Nach Feststellungen der Behörde wurde entlang deren Lieferkette ein Speditionsunternehmen tätig, das seinen Lkw-Fahrern keinen Lohn auszahlte. Das BAFA sorgte auf Grundlage des LkSG dafür, dass die betroffenen LKW-Fahrer nicht um ihren Lohn gebracht wurden. Um die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten abzuprüfen, wird das BAFA in den kommenden Monaten Unternehmen um Auskunft zu ihrem Risikomanagement ersuchen. Aus der letztjährigen Erfahrung ist zu erwarten, dass dies in mehreren Runden erfolgen wird.
Auf LkSG folgt CS3D
Am 13. Juni 2024 sind auf EU-Ebene weitere, zukünftige ESG-Pflichten hinzugetreten. Die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wurde am 5. Juli 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie richtet sich insbesondere an:
EU-Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als EUR 450 Mio. und mehr als 1.000 Mitarbeitenden sowie
Nicht-EU-Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als EUR 450 Mio. in der EU.
Während das LkSG neben Umweltaspekten stärker den Schutz von Menschenrechten im Blick hat, greift die Lieferkettenrichtlinie zusätzliche Umweltfragen auf (zu den Hauptunterschieden der beiden Regelungen siehe unser Briefing hier). Indirekt können auch Unternehmen in den Anwendungsbereich des CS3D fallen, wenn sie Teil der Lieferkette der direkt haftenden Unternehmen sind (siehe dazu unser Briefing hier).
Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie noch umsetzen. Das wird zu einem Level-Playing-Field innerhalb der EU führen, wenn die Mitgliedstaaten nicht (wesentlich) über die Mindeststandards der Richtlinie hinausgehen. In Deutschland dürfte weiterhin das BAFA mit der Aufsicht über das an die Lieferkettenrichtlinie angepasste LkSG betraut werden. Aus der bisherigen Erfahrung mit dem LkSG lässt sich vermuten, dass das BAFA seine neuen Kompetenzen nach der CS3D selbstbewusst wahrnehmen wird. Unternehmen sind daher gut beraten, frühzeitig ihre Compliance-Strategien an die Vorgaben der CS3D anzupassen. Denn im Falle eines Verstoßes drohen erhebliche Bußgelder, deren Höchstmaß sich auf mindestens 5 % des weltweiten Nettoumsatzes des Unternehmens im Geschäftsjahr vor der Entscheidung beläuft. . Die Richtlinie sieht auch eine zivilrechtliche Schadensersatzhaftung vor. Derzeit wird diskutiert, ob die Pflichten nach dem LkSG während der zweijährigen Umsetzungsphase der CS3D ausgesetzt werden sollten. Einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion „zur Aufhebung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ lehnte der Bundestag am 14. Juni ab. Stand jetzt ist das LkSG – mit Ausnahme der verzögerten Prüfung von Berichten – wie gehabt in Kraft.
Verstärkte Klimaschutzmaßnahmen & ESG-Pflichten durch CO2-Grenzausgleichmechanismus
Daneben werden dieses Jahr weitere ESG-Anforderungen scharfgestellt. Für Einfuhren bestimmter Güter gelten Berichtspflichten nach dem EU-Carbon Border Adjustment (CBAM). Mit dieser Verordnung verstärkt die EU ihre ehrgeizigen Bemühungen zum Klimaschutz. Der CBAM soll eine Gleichstellung europäischer Produzenten, die dem europäischen CO2-Zertifikatehandel unterliegen, und Importeuren aus Drittstaaten schaffen. Bisher erhalten europäische Unternehmen in energieintensiven Sektoren kostenlos oder im Wege einer Versteigerung EU-ETS Zertifikate. Diese bilden die rechtliche Grundlage für CO2-Ausstöße. Allerdings werden im Sinne des Klimaschutzes immer weniger solcher Zertifikate ausgegeben.
Der CBAM knüpft hieran an. Er soll verhindern, dass es infolge weniger bzw. keiner Zertifikate zu sogenanntem Carbon Leakage kommt. Carbon Leakage beschreibt die Verlagerung CO2-intensiver Produktionen und damit einhergehender Emissionen in Drittländer mit weniger strengen Standards. Seit Oktober 2023 müssen Importeure Bericht über direkte und indirekte (d.h. strombasierte) Emissionen ihrer CBAM-Produkte an die europäische Kommission erstatten. Ab 2026 beginnt die eigentliche Abgabephase. Sodann fällt für Importeure ein CO2-Preis an. Die Verordnung erfasst unter anderem die Einfuhr von Eisen, Stahl und Aluminium, sodass gerade auch die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie unmittelbar von ihr betroffen ist. Detaillierte Informationen zu diesem Thema hält unser Briefing zu den Auswirkungen des CBAM auf die Verteidigungsindustrie bereit (siehe hier).
Mehr ist mehr: Klimaschutz durch nachhaltige und entwaldungsfreie Lieferketten
Auch die Anwendbarkeit der neuen EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) wurde vorangetrieben und tritt am 30. Dezember 2024 in Kraft. Die Verordnung zielt darauf ab, dass keine gelisteten Produkte auf dem Binnenmarkt zirkulieren, die zur Entwaldung oder Waldschädigung in der EU und weltweit beitragen. Gleichzeitig sollen auch Kohlenstoffemissionen reduziert werden, die durch die Produktion sowie den Verbrauch betroffener Produkte anfallen. Die EUDR reguliert unter anderem auch den Import von Kautschuk und bestimmten Kautschukprodukten. Aufgrund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und besonderen Eigenschaften wie Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit spielt Kautschuk in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie eine bedeutende Rolle. Unternehmen dieser Branchen sind daher gut beraten, die EUDR zu überprüfen. Denn bei einem Verstoß drohen mitunter Einfuhrverbote, Beschlagnahme der relevanten Rohstoffe sowie Geldbußen.
Resilientere Lieferketten
Komplementiert wird die EUDR durch den der Critical Raw Materials Act (CRMA), der am 23. Mai 2024 in Kraft getreten ist (siehe auch unser Briefing hier). Ziel des Gesetzes ist es, die EU nachhaltig mit kritischen Rohstoffen zu versorgen. Es soll der EU beim Aufbau ihrer Kapazitäten helfen und ihre Lieferketten resilienter machen, indem die Abhängigkeit von einzelnen Ländern verringert wird. Stattdessen sollen inländische Lieferketten gestärkt und Win-win-Partnerschaften mit Nicht-EU-Ländern gefördert werden. Die EU will bis 2030 die Benchmarks für Gewinnung, Verarbeitung und Recycling strategischer Rohstoffe auf 10 %, 40 % bzw. 25 % jährlich anheben.
Kritische Rohstoffe sind etwa Lithium, Kobalt und Nickel, die zur Batterieherstellung unerlässlich sind. Ein weiterer kritischer Rohstoff ist Gallium, der für Solarpaneele benötigt wird. Aber auch im Verteidigungssektor sind bestimmte kritische Rohstoffe wie Aluminium, Titan oder Wolfram unverzichtbar. Für Unternehmen bedeutet das ggf. eine stärkere Kontrolle ihrer Lieferketten inklusive etwaiger Reportingpflichten. Unternehmen, die mehr als 500 Beschäftigte, einen weltweiten Netto-Umsatz von mehr als 150 Mio. EUR und strategische Rohstoffe beispielsweise für die Ausrüstung von Drohnen, Raketenwerfer oder Robotik verwenden, müssen regelmäßige Risikoanalysen vornehmen und gegebenenfalls etwaige Diversifizierungsbemühungen anstreben.
Vorab waren in diesem Zusammenhang Bedenken laut geworden, dass es zu einem unkontrollierten Abfluss sensitiver Daten bei Übermittlung der Analyseergebnisse an das BMWK kommen könnte. Nach letzten Informationen aus dem Ministerium scheinen diese Sorgen jedoch ausgeräumt. Risikoanalysen sollen zu rein internen Zwecken, d.h. ohne Datenweitergabe nach außen, vorgenommen werden. Wie der Staat die Einhaltung der Pflichten überprüfen und durchsetzen wird, ist derzeit noch unklar. Unternehmen sollten nichtsdestotrotz entsprechende Risikoanalysen vornehmen und gegebenenfalls ihre Lieferketten diversifizieren. Ab dem 24. November 2026 werden Verstöße gegen den CRMA durch die Mitgliedstaaten bestraft.
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten: ESG-Anforderungen an Unternehmen bleiben auch dieses Jahr ein Hot Topic. Um das interne Compliance-System auf den aktuellen Stand zu bringen, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit LkSG, CS3D, CBAM, EUDR und CRMA unerlässlich. Wie gezeigt, richten sich die Vorschriften gerade auch an die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Eine gute Nachricht ist, dass sich gewisse methodische Ansätze und Vorgaben wie ein roter Faden durch die neuen Regularien ziehen. Unternehmen haben – einem risikobasierten Ansatz folgend – unterschiedliche Sorgfaltspflichten zu erfüllen, insbesondere a) relevante Information (beispielsweise entlang der Lieferkette) einzuholen und auszuwerten, b) ein System zu etablieren, um Risiken kontinuierlich zu bewerten, Präventionsmaßnahmen und angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, sowie c) Transparenz durch Dokumentation, Berichte und Veröffentlichungen zu schaffen. Dies sind aus der Compliance bereits bekannte Tools, die nun entsprechend LkSG, CS3D, CBAM, EUDR und CRMA upgedatet werden sollten.
BLOMSTEIN wird die Herausforderungen für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie mit Blick auf neue ESG-Anforderungen engmaschig verfolgen. Bei Beratungsfragen zu der Implementierung von LkSG-, CS3D-, CBAM-, EUDR- und CRMA-Pflichten steht Ihnen die Fokusgruppe Verteidigung und Sicherheit jederzeit gern zur Verfügung.